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Den Gegensatz zwischen Umwelt und Wirtschaft aufheben!

Mein Beitrag zur Arena Analyse 2020.

  1. Umfassende Nachhaltigkeit – ein immer noch vernachlässigtes Thema

Im September 2015 wurde mit der „Agenda 2030“ so etwas wie ein WeltRegierungsprogramm entwickelt, zu dem sich alle Mitgliedsstaaten der UNO verpflichtet haben. Ihr Kern ist dieProklamierung der so genannte globalen Nachhaltigkeitsziele („Sustainable Development Goals“, kurz – SDGs). Ihr übergeordnetes Ziel formuliert: “Leave no one behind“. Auch Österreich hat sich damit verpflichtet, seinen Beitrag zur Erreichung der SDGs zu leisten und wird 2020 erstmals in New York beim „High Level Political Forum“ über den Stand der Erreichung dieser Ziele berichten.

Dabei wird das allgemeine Ziel der Nachhaltigkeit auf 17 Ziele und 169 Unterziele heruntergebrochen, deren Umsetzung sich auf recht konkrete Handlungsanleitungen für die Vermeidung von Armut und Hunger, über Arbeit und Wachstum, den Klimaschutz bis hin zum Weltfrieden aufspannen lässt.

Obwohl diese Ziele fast alles formulieren, was in einem Gemeinwesen gut und wichtig ist, und obwohl sowohl zivilgesellschaftlich als auch wissenschaftlich intensiv an Optionen zu deren Umsetzung gearbeitet wird, wird die Agenda 2030 sowohl politisch wie auch medial recht stiefmütterlich behandelt.

  1. Worum es geht

Wissenschaftlich wie politisch spannend ist die Agenda 2030 vor allem deswegen, weil sie dazu zwingt, aus ihrem eignen „Silo“ hinaus zu denken und mit Menschen aus anderen Fach-Bereichen zusammen zu arbeiten, um auf die Zusammenhänge zu schauen, die zwischen den 169 Unterzielen entstehen.

Nur ein Beispiel:schauen wir auf den vor allem politisch immer wieder konfliktären Zusammenhang zwischen Klimaschutz (SDG13) und Arbeit/Wachstum (SDG8):

Wir haben am Sustainable Europe Research Institute in den letzten 20 Jahren wiederholt Szenarien erarbeitet und berechnet, zuletzt in dem vom österr. Klimafonds geförderten Projekt „meetPASS“. Dabei hat sich immer wieder gezeigt, dass die für eine echte Transformation erforderlichen Maßnahmen jedenfalls Wachstum ermöglichen und gleichzeitig die Erreichung der Pariser Klimaziele.

Die von uns vorgeschlagenen und untersuchten Maßnahmen und Verhaltensanpassungen entsprechen in etwa dem, was im Sommer 2019 im Referenzplan der österreichischen Klimaforscher gefordert wird, um den notwendigen Wandel herbeizuführen. Die Berechnungen unserer Kollegen von der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) in Osnabrück zeigen, dass dadurch die CO2-Emissionen global um 73 %, pro Kopf sogar um 78 % auf 1 Tonne im Jahr 2050 sinken könnten. Die kumulierten, weltweiten CO2-Emissionen über die Periode 2017-2050 ließen sich demnach – rasche und weitreichende Veränderungen des Handelns vorausgesetzt – auf rund 650 Gt begrenzen.

Um diese Maßnahmen umsetzen zu können, sind zusätzliche Investitionen nötig, die bis zum Jahr 2050 bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr betragen. Und klar ist auch: ohne sozial-ökologische Steuerreform geht es nicht!

  1. Wirtschaft und Umwelt gehören zusammen

Die im meetPASS-Szenario für Österreich vorgesehenen Maßnahmen sind geeignet, die CO2-Emissionen bis 2050 auf 12 Mio. t zu reduzieren, was einem Einspareffekt von 47 Mio. t oder knapp unter 80% bedeutet. Österreich kann so seinen Beitrag zur Erreichung der globalen Klimaschutzziele erreichen (SDG 13.2).

Die österreichische Wirtschaft (SDG 8) befindet sich in diesem Szenario weiterhin auf einem Wachstumspfad, der im Vergleich zu einem Szenario ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen (Business as usual – BAU – Szenario) bis zu 3 % bzw. 10 Mrd. Euro höher ist. Dieser beruht vor allem auf umfangreichen Investitionen in die Umstrukturierung des Energiesystems, in die Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz und in den Transportsektor. Gedämpft wird das Wirtschaftswachstum durch ein schwächeres Exportwachstum, da sich der Welthandel weniger dynamisch entwickelt. Da die Importe nach wie vor niedriger sind, bleibt der Außenbeitrag Österreichs positiv.

Die positive Wirtschaftsentwicklung wirkt sich auch vorteilhaft auf die Beschäftigung (Indikator für SDG Target 8.2) aus. Zugleich ändert sich die Beschäftigungsstruktur (Indikator für SDG Target 8.1): Während die Zahl der Erwerbstätigen im verarbeitenden Gewerbe generell weniger stark wächst, als im „Weiter wie bisher“-Szenario, erhöht sie sich in den Dienstleistungsbereichen stärker. Einzelne Branchen des verarbeitenden Gewerbes wie der Maschinenbau und der Elektroindustrie profitieren von den höheren Investitionen wie auch das Bauwesen durch stärkere Sanierungsaktivitäten im Gebäudesektor. Während mehr Jobs im Bereich erneuerbarer Energie entstehen, geht deren Anzahl in energieintensiven Branchen (z. B. in der Kokerei und mineralölverarbeitenden Industrie) zurück.

Details über die Maßnahmen und deren Auswirkungen finden sich im „Policy Brief“ unter http://meetpass.at/publikationen/ sowie in den dort gespeicherten Working Papers.

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