Über „Grenzen“ zu schreiben ist in diesen Tagen etwas eigenartig – in Zeiten, in denen Grenzen souveräner Staaten durch das „Recht“ des Stärkeren mit Panzern und Raketen außer Kraft gesetzt werden. Ob diese neu geschaffenen Grenzen letztlich doch als normative Kraft des Faktischen akzeptiert werden, wissen wir heute nicht.
Die Natur kennt andere Grenzen, die jedenfalls nur kurzfristig zu überwinden sind. Die Endlichkeit der Ressourcen, die unser Planet zur Verfügung stellt, zum Beispiel. Heute sprechen wir von „plantetaren Grenzen“, die in richtungweisenden Studien in Zeitschriften wie „Science“ und „Nature“ beschrieben wurden. Einige davon haben wir, die Menschheit, bereits überschritten. Das geht kurzfristig. Langfristig ist mit enormen Konsequenzen zu rechnen, die das Leben für uns, die Menschen, sehr unerfreulich werden lassen. Der Klimawandel ist dabei nur die bekannteste, weil wissenschaftlich best untersuchte und politisch endlich verstandene Konsequenz. Die Hintergründe liegen in der einen oder anderen Weise immer am exponentiell gestiegenen Ressourcenverbrauch vor allem der vergangenen 7 Jahrzehnte.
Der Club of Rome erinnert in diesen Tagen an noch ganz andere Grenzen. Vor genau 50 Jahren veröffentlichte er den ersten Bericht: „die Grenzen des Wachstums“. Der Titel war Programm. Das Wirtschaftswachstum, einer der wesentlichen Treiber der globalen Ressourcenextraktion wird durch die Endlichkeit der Ressourcen begrenzt. Ressourcen werden irgendwann ökonomisch knapp, weil immer teurer zu extrahieren und auch immer schädlicher – von der Extraktion, über ihre Verwendung bis zur letztendlichen Deponierung in der Umwelt: als Abfälle, Abwässer oder Emissionen in die Luft. Und: auch nachwachsende Ressourcen sind begrenzt: durch die Fläche, auf der sie installiert oder angebaut werden können.
So droht dieser übermäßige Ressourcenkonsum das Wachstum der Wirtschaft selbst zum erliegen zu bringen. Und zwar nicht sofort sondern erst nach ein paar Jahrzehnten – so die Vorhersage. Also jetzt ungefähr. Wir beginnen die vorausgesagten Konsequenzen zu spüren. Öl und Gas, aber auch viele andere Rohstoffe wie seltene Erden und „Gewürzmetalle“, die so heißen, weil sie zwar in geringen Mengen gebraucht werden aber auch selten und essentiell sind für viele neue Technologien sind, werden immer teurer. Wenn immer mehr Geld für Ressourcen ausgegeben werden muss, bleibt weniger für all das, was schließlich bei uns ankommt: den privaten Konsum, dem ultimativen Treiber des globalen Wirtschaftswachstums der letzten 70 Jahren.
Anders als der Ressourcenverbrauch ist die Wirtschaft eben nicht exponentiell gewachsen sondern nur linear: Jahrzehnt für Jahrzehnt um ungefähr den gleichen Betrag. Das bedeutet in Prozent: immer weniger. Waren es vor 60 Jahren noch an die 10% pro Jahr, die dazu gekommen sind, sind wir heute nahe bei null, auch wenn uns die Prognosen immer wieder neue Aufschwünge verheißen, die am Ende gerade einmal ausgleichen können, was die Finanzkrise und jetzt die Corona-Krise an Schrumpfung (einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts) angerichtet hat.
Und jetzt auch noch Krieg! Wenn das Wachstum versiegt, Ressourcen immer teurer werden, dann verschärfen sich die Verteilungskämpfe. Vor 60 Jahren ist auch die damalige Sowjetunion noch kräftig gewachsen. Dass es weniger war als im Westen fiel nicht gleich auf. Alle haben irgendwie profitiert. Nach deren Zusammenbruch brachte die Einführung kapitalistischer Wirtschaftsweisen ein gewisses Strohfeuer, zum Teil auch Zuwächse in der Lebensqualität. Und mit dem Aufstieg Chinas kam ein weiterer Konkurrent um die global begrenzten Ressourcen dazu.
Es ist daher nicht nur beim jetzt soviel beschworenen Erdgas so, dass wir möglichst auf heimische und damit erneuerbare Quellen umsteigen, sondern bei allen Ressourcen. Energie kann man nur einmal nutzen, Ressourcen aber öfter. Das zu tun, nennen wir „Kreislaufwirtschaft“, mit der wir uns bei einer Veranstaltung am 28.2. auseinander gesetzt haben. Und Erdöl oder Gas zu verbrennen, bevor sie anders nützlich sein könnten, zum Beispiel in der Kunststoffindustrie, ist einfach nur dumm. Schade, dass es erst zu einem Krieg kommen muss, um das endlich zu verstehen.
Mathew Fraser präsentierte als Key Note Speaker nicht nur viele Konzepte sondern auch Beispiele, wie Kreislaufwirtschaft in anderen Ländern funktioniert. In Österreich wird gerade eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie erarbeitet. Bleibt zu hoffen, dass das sich Verständnis, sich nicht auf die Ausbeutung globaler Ressourcen zu verlassen, sondern mit dem auszukommen, was einfach und im Land verfügbar ist, dabei durchsetzt.
PS: das Beitragsbild stammt von Caspar Nikolaus Stützle (www.casparnikolaus.com) und zeigt eines seiner Kunst-Werke, die für mich sehr gut in die durch die aktuelle Krise gestörte Gefühlswelt passen. Warum, kann ich auch nicht genau sagen – zumindest beruhigen sie mich ein wenig .
PPS: am 11. März gestalte ich zusammen mit meiner Kollegin Lisa-Marie Weidl einen Workshop zu diesem Thema im Rahmen des March4Sustainability einen Workshop an der FH Steyr.